Liebe Alle,
Wie esst ihr eure Burger? Durchgebraten oder rosa, mit Pulled Pork oder vegetarisch, mit Rind oder Roter Bete? Das Europäische Parlament mag seine Burger nur mit ordentlich Fleisch. Diese Woche hat eine Mehrheit auf der rechten Seite des Plenums (gemeinsam mit einigen Sozialdemokraten) für einen Plan gestimmt, der Bezeichnungen wie „Burger“ oder „Steak“ für pflanzliche Produkte verbieten soll. Ihr Argument? Sie wollen die Verbraucher „schützen“. Denn wer hat nicht schon einmal versehentlich ein Seitan-Steak gekauft – und bitter darunter gelitten? *Ironie aus
WURSTVERBOT TRIFFT START-UPS
Es wirkt wie eine Kleinigkeit – um Veganerinnen und Vegetarier zu ärgern, die der extremen Rechten ohnehin ein Dorn im Auge sind. Ein seltsamer alberner „Essenskrieg“, ausgetragen auf unseren Küchentischen. Aber dahinter steckt viel mehr. Und ich bin stolz auf unsere Abgeordnete Anna, die das in mehreren Statements deutlich gemacht und damit weltweit (!) Schlagzeilen gemacht hat. Tatsächlich könnte diese Entscheidung vielen Innovatorinnen und Innovatoren schaden, die in die Zukunft unserer Ernährung investieren und versuchen, schmackhafte Alternativen zu Fleisch zu entwickeln.
Es ist eine Tatsache: Wenn wir unseren CO₂-Fußabdruck verringern wollen, müssen wir unseren Fleischkonsum reduzieren – und das geht, ohne dafür Regenwälder abzubrennen, um mehr Soja anzubauen. Viele Start-ups und auch große Unternehmen gehen hier mit gutem Beispiel voran, und viele von euch als Verbraucherinnen und Verbraucher sind offen dafür, Neues auszuprobieren. Die Verkaufszahlen steigen stetig. Was die Konservativen jetzt versuchen, ist, genau diese Geschäftsmodelle zu zerstören – indem sie die Branche zwingen, ihre Produkte umzubenennen, neu zu verpacken und ihre Energie in Rebranding statt Wachstum zu stecken. Was für ein Rückschritt.
Nach ihrer Logik dürfte selbst im Labor gezüchtetes Fleisch aus Zellkulturen – also echtes Fleisch, das ein echter Durchbruch für nachhaltige Ernährung sein könnte – nicht mehr so genannt werden. Offenbar ist nicht mal Fleisch gleich Fleisch. Alles klar?
KONSERVATIVE VS KOMMISSION
Leider ist das nicht das einzige Thema, bei dem die Sozialdemokraten in letzter Zeit den Konservativen die Stiefel lecken. Die ganze Rhetorik vom „Schutz unserer Landwirte“ hat zu einer weitaus gefährlicheren politischen Situation geführt. Beide Parteien drohen derzeit – Hand in Hand – damit, den nächsten EU-Haushalt zu torpedieren, den die Kommission vorgeschlagen hat. Konservative und Sozialdemokraten wollen die zentrale Säule kippen, die festlegt, wie EU-Gelder an Landwirte und Regionen verteilt werden. Dieses System finanziert derzeit alte Dinosaurier und bietet kaum Spielraum für neue Ideen. Genau deshalb hatte die Kommission eine Reform vorgeschlagen. Aber manche Politikerinnen und Politiker wollen einfach, dass sich nie etwas ändert.
Wenn sie diese Säule umstoßen, bricht der gesamte Haushalt zusammen. Dann bräuchten wir Monate, vielleicht Jahre neuer Verhandlungen – Verhandlungen, an denen das Parlament gar nicht beteiligt wäre. Wir müssten warten, bis andere sich auf einen Kompromiss geeinigt haben. Wenn es ein Handbuch gäbe, wie man das Parlament schwächt – das wäre das perfekte Beispiel. Die Konservativen ziehen das gnadenlos durch, schießen auf ihre eigene Kommissionspräsidentin – und nehmen in Kauf, sich dabei selbst ins Bein zu schießen. Es ist das nächste Showdown im persönlichen Machtkampf zwischen Ursula von der Leyen und EVP-Chef Manfred Weber. Politik als Schmierentheater – und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zahlen noch Eintritt.
Dazu gehören auch die extreme Rechte und die extreme Linke, die beide erneut versucht haben, Ursula von der Leyen abzusetzen (beide Anläufe sind natürlich gescheitert). Seien wir ehrlich: Ihr müsst mit von der Leyen wirklich nicht einer Meinung sein, ihr müsst auch ihre Haushaltspläne nicht unterstützen – und ja, wir sollten sie kritisieren. Aber diese Misstrauensanträge werden langsam langweilig. Sie sind nichts als Show, blockieren die politische Arbeit und ziehen unnötig Aufmerksamkeit auf sich.
Lasst uns lieber konstruktiv sein, an besseren Ideen arbeiten und gute Alternativen vorschlagen – statt das Parlament in eine Bühne für Machtspiele zu verwandeln, auf der am Ende nichts mehr vorangeht.
Euer
Damian