Frühling des Chaos – oder der Hoffnung?

Liebe Alle,

Der Frühling liegt diese Woche hier in Straßburg in der Luft – und das gilt auch für die Politik. Es sind einige Dinge passiert, die mich hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lassen. Und andere, die sich anfühlen, als wären wir noch immer in einer dunklen, kalten Zeit gefangen. Aber wie immer versuche ich, so positiv und konstruktiv wie möglich zu bleiben. Hier, was Straßburg, Europa und die Welt diese Woche beschäftigt.

 

LE PEN: AUF EINMAL SYMBOL DER DEMOKRATIE

Für eine Person begann diese Woche ganz und gar nicht wie geplant: Marine Le Pen muss ihre Ambitionen, die nächste Präsidentin Frankreichs zu werden, begraben. Das Gericht hat entschieden, dass sie schuldig ist, Millionen an öffentlichen Geldern veruntreut zu haben, während sie Mitglied des Europäischen Parlaments war. Nun drohen ihr Gefängnis, Geldstrafen und ein sofortiges Verbot, sich für ein öffentliches Amt zu bewerben. Fantastische Neuigkeiten!

Nicht, weil ich Le Pen und ihre Ansichten persönlich nicht mag – natürlich will ich sie nicht, dass sie in die Nähe der Macht kommt. Aber es geht um etwas Größeres: das Gesetz.

Man kann nicht einfach Steuergelder, die für die Arbeit in Brüssel gedacht sind, an Parteifreunde in Frankreich verteilen. Sie hat sogar ihren persönlichen Bodyguard als parlamentarischen Assistenten eingestellt. Hat sie im Ernst geglaubt, sie kommt damit durch? Offenbar denkt die extreme Rechte, dass die von ihnen so verachtete EU ihr persönliches Sparschwein ist.

Es ist wichtig, dass das Gericht sie verurteilt hat. Die Richter haben einfach die Regeln angewandt – und sie haben klargemacht, dass jemand, der sich in einem öffentlichen Amt so massiv fehlverhalten hat, nicht noch einmal für ein solches kandidieren sollte. Denkt daran, wenn die extreme Rechte jetzt lautstark behauptet, dies sei eine Hexenjagd und undemokratisch. Das Gegenteil ist der Fall: Das ist echte Demokratie in Aktion. Ich weiß, dass sie Berufung einlegen wird, aber lasst uns hoffen, dass die Richter standhaft bleiben.

MERZ: DER KANZLER, DER EUROPA BESCHUMMELT

Jemand anderes wird bald ganz legal an der Macht sein: Deutschlands neuer Bundeskanzler Friedrich Merz. Seine Partei und die SPD stehen kurz vor einem Koalitionsvetrag. Ich habe die Entwürfe gelesen – und aus europäischer Perspektive bin ich mehr als enttäuscht. Wollte Merz nicht ein „europäischer Kanzler“ werden? Es sieht eher so aus, als würde er zum Schummelkanzler.

Beide Parteien hatten im Wahlkampf versprochen, Europa zu stärken. Doch was sie nun zu Papier gebracht haben, liest sich, als hätten sie das völlig vergessen.

Ihre Konzepte für ein stärkeres und geeinteres Europa wären vor 15 Jahren vielleicht visionär gewesen. Doch sie liefern keine echten Antworten auf die Herausforderungen von heute. Sie erwähnen zwar eine mögliche Vertragsänderung. Und sie wollen einen Weg finden, die ständigen Vetos im Europäischen Rat zu umgehen. Aber wie? Genau da bleiben CDU und SPD zu vage.

Europa braucht viel mehr – und zwar schnell. Wenn Deutschland sich weigert, die Führung bei einer grundlegenden EU-Reform zu übernehmen, werden wir die nächsten vier Jahre feststecken. Und das können wir uns wirklich nicht leisten.

WAS TUN GEGEN TRUMP-ZÖLLE?

Vor allem nicht nach Amerikas sogenanntem „Liberation Day“. Trump verhängt Zölle auf alles und alle, die er nicht mag: 20 % auf alle EU-Importe, sogar 25 % auf Autos. Wie soll Europa darauf reagieren?

Wir könnten natürlich mit ähnlichen Zöllen antworten und einen ausgewachsenen Handelskrieg lostreten. Aber so sind wir nicht. Die EU-Kommission bereitet stattdessen gezieltere Gegenmaßnahmen vor – zum Beispiel Sonderzölle auf bestimmte Produkte wie Whisky oder Harley-Davidsons. Diese Maßnahmen treffen besonders die US-Bundesstaaten, die von Republikanern regiert werden. Ich finde das genial: So merken sie, wie sich das anfühlt – und der Druck auf Gouverneure wächst.

Keine Ahnung, wohin genau das alles noch führen wird, aber es wird den freien Handel und die europäische Wirtschaft erheblich schädigen. Umso wichtiger ist es, endlich aus verkrusteten Strukturen auszubrechen. Hört auf, die alten Dinosaurier-Industrien zu schützen, und lasst uns stattdessen, europäische Innovationen zu fördern! Wir müssen jetzt eine moderne Wirtschaft hochziehen. Und wir müssen neue Partner auf der ganzen Welt finden – Kanada, Mexiko oder die Mercosur-Staaten. Wir sitzen alle im selben Boot.

AMI, COME HOME!

Ich möchte mit einer positiven Note enden. Etwas Gutem, das aus all dem entstehen könnte.

Habt ihr die neuen Werbetafeln in New York, San Francisco und L.A. gesehen? Diejenigen, die hochqualifizierte Fachkräfte und Forschende auffordern, das Chaos in den USA hinter sich zu lassen und nach Europa zurückzukommen? Natürlich sind sie (noch) nicht echt – das war unser Aprilscherz.

Aber die Idee dahinter ist absolut real: Europa sollte jetzt versuchen, Talente aus den USA anzuziehen. Umfragen zeigen, dass 75 % der Forschenden den USA nicht mehr vertrauen und übers Auswandern nachdenken. Das sind großartige Neuigkeiten für Europa!

Wir brauchen diese Talente – und wir sollten alles tun, um sie hier willkommen zu heißen. Wenn uns das richtig gelingt, könnte es doch noch ein neuer Frühling der Hoffnung für Europa werden!

Euer
Damian